Meldung 08.09.2023

Hakan Saribas, SPD-Ratsherr

Der Fall Kabourè ist für uns noch nicht abgeschlossen. Inzwischen wurden die von uns gestellten Fragen beantwortet.


Wir sind sehr unzufrieden mit dem bisherigen Resultat und dem jetzigen Stand sowie der daraus resultierenden Situation für Herrn Kabourè.


Wir werden hier alle uns zur Verfügung stehenden Informationen veröffentlichen, diese Seite wird dementsprechend immer wieder aktualisiert.


Inhalte dieser Seite:


Unsere Anfrage im Originalwortlaut.



Die Antwort der Stadtverwaltung auf unsere Anfrage.

8. September 2023

Fall Souleymane Kabourè

Sieben Fragen an Ausländerbehörde

SPD kritisiert zu lange Wiedereinreisesperre


Souleymane Kabourè kam nach Deutschland und tat das, was für ihn und uns am besten ist: Er integrierte sich perfekt. Vor zehn Jahren kam er aus Burkina Faso, machte seinen Schulabschluss und absolvierte erfolgreich eine Ausbildung als Medientechnologe in Willich. Das Unternehmen möchte ihn gerne weiter beschäftigen, weil Kabourè in wichtigen Technologien ausgebildet wurde.


Auch der SV Blau Weiß Concordia hält große Stücke auf ihr Mitglied Souleymane Kabourè. Der Vorsitzende des Vereins, Andreas Harmes, sprach gegenüber der Rheinischen Post von einem „Musterbeispiel gelungener Integration“.


Allerdings kann Kabourè derzeit weder für seinen Betrieb arbeiten, noch für die Concordia Fußball spielen, denn er hält sich gerade in Burkina Faso auf. Dorthin hat ihn die Ausländerbehörde der Stadt Viersen zurück geschickt, „zur Gefahrenabwehr“, wie ein Stadtsprecher sagt.


Daher stellt nun SPD-Ratsherr sieben Fragen an die Bürgermeisterin Sabine Anemüller, die als Verwaltungschefin in der nächsten Ratssitzung beantworten wird.


Saribas möchte auch wissen, wieso der herrschende Fachkräftemangel von der Stadtverwaltung dadurch verschärft wird, dass gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Land geschickt werden. In Burkina Faso ist die Lage nach einem Militärputsch problematisch, die Caritas musste bei der freiwilligen Rückkehr nach Burkina Faso helfen. Die Ausländerbehörde hatte eine Verkürzung der Wiedereinreisesperre in Aussicht gestellt, sollte Kabourè selbst ausreisen. So schnell wie möglich möchte er zurück nach Deutschland, um Job und Hobby wieder aufzunehmen, aber dem stehen bürokratische Hürden entgegen.


Für Saribas ist das Vorgehen der Ausländerbehörde daher unverständlich. Er hätte sich eine bessere Ausnutzung des Ermessensspielraums seitens des Amts gewünscht.


Die Fragen werden in der nächsten Ratssitzung am Dienstag, 22. September 2023, um 18:00 im Bürgerhaus Dülken beantwortet.

Zurück

Teilen auf

Unsere Anfrage im Originalwortlaut

Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema "Souleymane Kaborè"


Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

die Ausländerbehörde der Stadt Viersen hat wegen eines angeblichen Interesses der Öffentlichkeit an einer Gefahrenabwehr die dreijährige Wiedereinreisesperre (bis zum 30. Juni 2025) für den am 29. Juni 2022 freiwillig nach Burkina Faso ausgereisten Flüchtling Souleymane Kaborè trotz dringenden Fachkräftebedarfs seines früheren Arbeitgebers und sehr guter Integration anstatt wie beantragt um zwei Jahre (auf den 01. Juli 2023) nur um neun Monate auf den 30.9.2024 verkürzt.


Herr Kaborè ist im Jahr 2013 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen. Er hat sich schulisch hervorragend bewährt und seinen Hauptschulabschluss 10. Klasse erworben. Er hat mit Erfolg eine Ausbildung als Medientechnologe bei einem mittelständischen Willicher Unternehmen abgeschlossen. Das Unternehmen hat ihm daraufhin ein Angebot auf unbefristete Übernahme unterbreitet, u.a weil sie Herrn Kaborè in für den Unternehmenserfolg wichtigen neuen Technologien ausgebildet hat. Darüber hinaus hat sich Herr Kaborè sehr gut in das gesellschaftliche Leben vor Ort integriert. So spielte er in der zweiten Mannschaft der BW Concordia Viersen Fußball.


Herr Kaborè hat unbestritten über längere Zeit falsche Angaben über seine Identität gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt Viersen gemacht. Er hat ein jüngeres Alter angegeben und nicht darüber aufgeklärt, dass er als Kind burkinischer Eltern nicht in Burkina Faso, sondern in der Elfenbeinküste aufgewachsen ist. Andere strafbare Handlungen hat er auch nach Aussagen der Ausländerbehörde nicht begangen, vielmehr wird ihm ein ansonsten tadelloser Lebenswandel bestätigt. Die Ausländerbehörde hat ihm allerdings wegen seiner wiederholten falschen Angaben zu seiner Identität die Arbeitserlaubnis entzogen, ihn auf seine Ausreisepflicht hingewiesen und eine dreijährige Wiedereinreisesperre ab dem – eventuellen – Ausreisedatum ausgesprochen hat.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat eine Klage dagegen mit Rechtskraft vom 23. April 2022 abgewiesen.

Herr Kaborè ist daher kurzfristig am 29. Juni 2022 freiwillig nach Burkina Faso ausgereist, nachdem er aufgrund der Vermittlung durch die Caritas Krefeld eine Einreisegenehmigung seitens Burkina Faso erhalten hat. Ein Rücknahmeabkommen mit Burkina Faso besteht nicht.


Herr Kaborè hat, nachdem er in Burkina Faso unter schwierigen Umständen alle rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, im April 2023 durch seinen Anwalt einen Antrag auf Verkürzung der bis zum 30. Juni 2025 gültigen Wiedereinreisesperre auf den 01. Juli 2023 gestellt. Die Möglichkeit einer Verkürzung ist von der Ausländerbehörde In Viersen selbst 2021 und erneut im Frühjahr 2022, aber auch in persönlichen Gesprächen im Frühjahr 2023 aufgezeigt worden. Die Behörde hat allerdings im Rahmen ihres Ermessens nach dreimonatiger Bedenkzeit einer Verkürzung nur um 9 Monate auf den 30.9.2024 zugestimmt. Dagegen hat Herr Kaborè wiederum Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben.


Die Fraktion der SPD im Rat der Stadt Viersen bittet vor diesem Hintergrund insbesondere um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist es richtig, dass der ehemalige Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb von Herrn Kaborè gegenüber der Ausländerbehörde das starke Interesse an einer Arbeitsaufnahme durch Herrn Kaborè wiederholt bekräftigt hat? Welche Rolle hat diese Bekundung dabei gespielt, die Dauer der Wiedereinreisesperre nicht von 36 auf 12 Monate herabzusetzen, sondern nur um 9 Monate auf 27 Monate?


2. Welche Rolle haben die Bekundungen von ehrenamtlichen Unterstützer*innen, aber insbesondere auch seines Fußballvereins Concordia dabei gespielt, die die hervorragende und bis auf seinen Fehler bei den Angaben zu seiner Identität tadellose Integration von Herrn Kaborè bestätigen?


3. Die Wiedereinreisesperre ist aufgrund falscher Angaben des Flüchtlings über sein Geburtsdatum und den Geburtsort verhängt worden. Während der mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Ausländerbehörde 2021 sogar eine vollständige Aufhebung der Wiedereinreisesperre bei zügiger freiwilliger Ausreise angeboten. Was hat die Ausländerbehörde bewogen, ihre Einschätzung hinsichtlich des öffentlichen Interesses an der Gefahrenabwehr dermaßen zu verändern, dass nunmehr – nachdem sich weder Herr Kaborè Weiteres hat zuschulden kommen lassen, der Bedarf seines Unternehmens weiterhin besteht und er sich nach seiner nach der Rechtskraft des Urteils erfolgten unverzüglichen freiwilligen Ausreise in einem Land mit einer äußerst prekären, instabilen und gefährlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage aufhalten muss, allein einer 9monatigen Verkürzung zuzustimmen?


4. Inwieweit teilt die Verwaltung der Stadt Viersen die Sorgen der Unterstützer*innen um das Leben von Herrn Kaborè, der in Burkina Faso – einem der ärmsten Staaten der Welt - über kein Netzwerk verfügt und der in einem Land lebt, das fast zur Hälfte von Terrorgruppen kontrolliert wird und allein im Jahr 2022 zwei Militärputsche erdulden musste?


5. Warum sah die Verwaltung der Stadt Viersen vor diesem Hintergrund keinen Ermessensspielraum für eine deutlichere Verkürzung der Wiedereinreisesperre, um sowohl den Interessen des Unternehmens als auch der Sicherheit und den Bemühungen des Flüchtlings Rechnung zu tragen?


6. Inwiefern sieht die Verwaltung der Stadt Viersen die Vorgehensweise der Ausländerbehörde im konzeptionellen Einklang mit den verschiedenen ausländerrechtlichen Änderungen (z.B. Chancen-Aufenthaltsrecht) auf Bundesebene, die auch eine verbesserte Rekrutierung in Deutschland geduldeter ausländischer Fachkräfte erlauben sollen?



7. Welche Initiativen unternimmt die Stadt Viersen, um die Ausländerbehörde personell, organisatorisch und motivatorisch in die Lage zu versetzen, ihren Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs im Rahmen ihres Ermessens zu leisten?


Die Antwort der Stadtverwaltung im Originalwortlaut

Sehr geehrter Herr Saribas, die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 11.08.2023 nachfolgende Anfrage zur nächsten Ratssitzung gestellt.

Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:


Gegen den Betroffenen wurde am 20.03.2020 eine Ausweisungsverfügung erlassen, die ihn verpflichtet, das Bundesgebiet innerhalb einer Frist zu verlassen und danach die Wiedereinreise ins Bundesgebiet für die Dauer von drei Jahren (nach erfolgter Ausreise) untersagt.


Grund dafür war die Tatsache, dass Herr Kabore mit falschen Personalien ins Bundesgebiet eingereist ist und dadurch widerrechtlich, über einen längeren Zeitraum, den besonderen Schutz eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings erlangt hat. Er wurde daher in besonderen Einrichtungen untergebracht und intensiv betreut.

Dadurch sind nicht nur der Allgemeinheit erhebliche Kosten entstanden, sondern wurde auch anderen tatsächlichen Schutzwürdigen ein Platz vorenthalten. Diese rechtwidrige Verhalten führte letztlich zur Entscheidung gegen den Betroffenen eine Ausweisungsverfügung zu erlassen.


Dagegen hat der Betroffene vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf am 25.03.2020 geklagt. Die Klage wurde am 18.03.2022 umfänglich abgewiesen. Nachdem Herr Kabore das Bundesgebiet am 29.06.2022 letztlich verlassen hat, wurde am 12.04.2023 ein Antrag auf Befristung der Wiedereinreisesperre gestellt.

Darüber wurde hier am 14.07.2023 entschieden und die Wiedereinreisefrist von 36 Monaten (ab Ausreise) um 9 Monate auf nunmehr 27 Monate verkürzt. Grundsätzlich war dabei zu berücksichtigen, dass nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Antrag auf nachträgliche Befristung einer Ausweisungsentscheidung nur wegen solcher Tatsachen erfolgreich erscheint, der neue Gründe vorweist, die nicht bereits der Erstausweisungsentscheidung zu Grunde lagen oder ihr hätten zu Grunde gelegt werden mussten.


Zu den einzelnen Fragen wird wie folgt Stellung genommen:



1.      Ist es richtig, dass der ehemalige Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb von Herrn Kabore gegenüber der Ausländerbehörde das starke Interesse an einer Arbeitsaufnahme durch Herrn Kabore wiederholt bekräftigt hat?


Ja. Welche Rolle hat diese Bekundung dabei gespielt, die Dauer der Wiedereinreisesperre nicht von 36 auf 12 Monate herabzusetzen, sondern nur um 9 Monate auf 27 Monate? Die Interessenbekundungen zur Arbeitsaufnahme waren bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 18.03.2022, so dass dadurch keine neuen Angaben gemacht wurden.


2.      Welche Rolle haben die Bekundungen von ehrenamtlichen Unterstützer*innen, aber insbesondere auch seines Fußballvereins Concordia dabei gespielt, die die hervorragende und bis auf seinen Fehler bei den Angaben zu seiner Identität tadellose Integration von Herrn Kabore bestätigen?


Die Bekundungen zur sozialen Integration waren bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 18.03.2022, so dass dadurch keine neuen Angaben gemacht wurden.


3.      Die Wiedereinreisesperre ist aufgrund falscher Angaben des Flüchtlings über sein Geburtsdatum und den Geburtsort verhängt worden. Während der mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Ausländerbehörde 2021 sogar eine vollständige Aufhebung der Wiedereinreisesperre bei zügiger freiwilliger Ausreise angeboten. Was hat die Ausländerbehörde bewogen, ihre Einschätzung hinsichtlich des öffentlichen Interesses an der Gefahrenabwehr dermaßen zu verändern, dass nunmehr — nachdem sich weder Herr Kabore Weiteres hat zuschulden kommen lassen, der Bedarf seines Unternehmens weiterhin besteht und er sich nach seiner nach der Rechtskraft des Urteils erfolgten unverzüglichen freiwilligen Ausreise in einem Land mit einer äußerst prekären, instabilen und gefährlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage aufhalten muss, allein einer 9monatigen Verkürzung zuzustimmen?


Ausweislich der Feststellung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 18.02.2022 hat die seinerzeit fehlende Mitwirkung des Herrn Kabore dazu geführt, dass eine vollständige Aufhebung der Wiedereinreisefrist rechtmäßigerweise nicht zum Tragen gekommen ist.


4.      Inwieweit teilt die Verwaltung der Stadt Viersen die Sorgen der Unterstützer*innen um das Leben von Herrn Kabore, der in Burkina Faso — einem der ärmsten Staaten der Welt - über kein Netzwerk verfügt und der in einem Land lebt, das fast zur Hälfte von Terrorgruppen kontrolliert wird und allein im Jahr 2022 zwei Militärputsche erdulden musste?


Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 18.02.2022 wurde die Lage in Burkina Faso bewertet. Es handelt sich unzweifelhaft um ein krisengeschütteltes Land, in das jedoch weiterhin Rückführungen möglich sind.


5.      Warum sah die Verwaltung der Stadt Viersen vor diesem Hintergrund keinen Ermessensspielraum für eine deutlichere Verkürzung der Wiedereinreisesperre, um sowohl den Interessen des Unternehmens als auch der Sicherheit und den Bemühungen des Flüchtlings Rechnung zu tragen?


Siehe Antworten zu 1 und 4.


6.      Inwiefern sieht die Verwaltung der Stadt Viersen die Vorgehensweise der Ausländerbehörde im konzeptionellen Einklang mit den verschiedenen ausländerrechtlichen Änderungen (z.B. Chancen-Aufenthaltsrecht) auf Bundesebene, die auch eine verbesserte Rekrutierung in Deutschland geduldeter ausländischer Fachkräfte erlauben sollen?


Die Anwendung des Chancen-Aufenthaltsrechtes ist nur für geduldete im Inland aufhältige ausländische Staatsangehörige möglich.


7.      Welche Initiativen unternimmt die Stadt Viersen, um die Ausländerbehörde personell, organisatorisch und motivatorisch in die Lage zu versetzen, ihren Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs im Rahmen ihres Ermessens zu leisten?


Anfragen/Anträge nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz werden von der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung Nordrhein-Westfalen bearbeitet und sie unterstützt bei der Erfüllung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen. Die zuständige Ausländerbehörde (nach zukünftigen Wohnort) wird an diesem Verfahren beteiligt.

Download der Antwort im Original
Share by: